L’introduzione
Das Leipziger Streichquartett ehrt Joseph Haydn passend zum 200. Todesjahr mit einer eigenen Edition. In Vol. 1 erklingen Die Sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze, eine Passionsmusik für Orchester aus dem Jahr 1786, die Haydn im Auftrag eines Priesters für die traditionelle Karfreitagszeremonie in der kleinen Kapelle Santa Cueva im südspanischen Càdiz komponiert hatte, bevor er sie später selbst fürs Streichquartett bearbeitete.
In manus tuas
Die Vorgaben für den Hofkapellmeister in Schloss Esterházy waren präzise: Sieben Instrumentalsätze in getragenem Tempo sollten im Wechsel mit der Lesung und der Deutung der Christusworte als Meditationsmusik vorgetragen werden, um den Gläubigen Gelegenheit zur Andacht zu geben. Für belebende Dynamikwechsel und andere Kunstgriffe des Komponistenhandwerks blieb da kein Spielraum. Auch ein Rückgriff auf bekannte Gattungen kam nicht in Frage. Mit der großen Erfahrung eines Mittfünfzigers meisterte Haydn diese Bedingungen bravourös und schuf sehr zur Freude des südspanischen Domherrn eine ganz eigenständige musikalische Lösung.
Il terremoto
Die Themen der sieben Sonaten erklingen in der ersten Violine. Die Musik passt dabei so gut zu der lateinischen Textvorlage, dass die Worte leicht mitgesungen werden können: Zuerst bittet Jesus um Vergebung für seine Peiniger, dann wendet er sich an die Mitgekreuzigten, schließlich steht Maria im Mittelpunkt… Einem Erdbeben gleich, schildert Haydn im letzten Satz den Tod des Gekreuzigten: Synkopen, Akzente auf leichten Taktzeichen, rhythmische Figuren, die sich nicht mehr in den Dreiertakt einfügen – der Boden gerät ins Wanken, die Schwerkraft wird aufgehoben, die Katastrophe ist da.
Sitio
Die fast 70 CDs des Leipziger Streichquartetts, darunter Gesamteinspielungen der Werke von Mendelssohn, Mozart, Beethoven, Schubert, Brahms, Berg, Schönberg und Webern, sind mit ungezählten Auszeichnungen geehrt worden. Wir warten gespannt auf die weiteren Veröffentlichungen dieser vielversprechenden Reihe.