Rehabilitation

Mieczysław Weinbergs Schicksal steht exemplarisch für jüdische Künstler seiner Generation: Dem Holocaust als einziger seiner Familie knapp entkommen, sah er sich auch in der stalinistischen Sowjetunion antisemitischen Anfeindungen ausgesetzt. Kein Wunder, dass derart existentielle Erfahrungen sich in seiner Musik niederschlagen, der bis heute die verdiente Anerkennung versagt blieb. Stefan Irmer begibt sich auf Spurensuche und präsentiert Weinbergs anspruchsvolle Klaviermusik als intensives, unmittelbar anrührendes Erlebnis.

Emotion

In der Partita op. 54 ist das besonders ohrenfällig: Zarteste Klänge stehen unvermittelt neben brachialen Eruptionen – ein Reflex auf die gerade überstandene Haft während der letzten stalinistischen Säuberungswelle? Der menschlichen Grenzerfahrung folgt die musikalische: Über weite Strecken nahezu unspielbar, fordert das zehnteilige Werk Spieler, Instrument und Hörer gleichermaßen - und fasziniert ungemein.

Fusion

Weinbergs Verhältnis zur Sowjetunion war ambivalent: Einerseits verdankte er dem Staat das Überleben während der Zeit des Nationalsozialismus, andererseits legte dieser Staat seine Künstler auch an die kurze Leine. Wie kaum einem anderen Komponisten gelang es Weinberg, nach außen den sozialistischen Vorgaben gerecht zu werden und dabei aus Tonalität und Avantgarde, aus jüdischer Tradition und leichter Muse einen sehr eigenen, persönlichen Stil zu entwickeln.

Sensation

Dabei durchweht oftmals eine feine Melancholie Weinbergs Musik, etwa in der Sonate Nr. 4, die in ihren sinfonischen Dimensionen von Emil Gilels uraufgeführt wurde, oder in der zwingenden Passacaglia der 5. Sonate. Unter Stefan Irmers Händen auf MDG‘s prachtvollem Steinway-Konzertflügel „Manfred Bürki“ entsteht Weinbergs Musik grandios und neu – eine längst fällige Rehabilitation eines großen Komponisten!